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Nur ein Fussballspiel

Einmal ein Spiel der Boca Juniors in ihrem Heimatstadion Bombonera miterleben. Das hatte ich mir fest vorgenommen, seit ich bei meinem letzten Besuch in Buenos Aires vor einem Jahr im Stadion der Rivalen River Plate gewesen war. Ich hatte in einem Bericht gelesen, dass in dem Stadion eine ganz besondere Stimmung herrscht und es von den Bewegungen der begeisterten Zuschauer beben würde.

Nachdem die Hälfte meines Urlaubes vorbei war begann ich, mich um ein Ticket zu kümmern. Ich schaute im Internet auf der Vereinsseite nach näheren Informationen. Diese bot aber zu meiner Überraschung wenig, es fehlte sogar eine Telefonnummer zum Nachfragen. Auf einer anderen Website fand ich Tickets, die im argentinischen Ausland für um die 250 Euro angeboten wurden. Was für eine Abzocke.

Überteuerte Angebote kannte ich schon. Im letzten Jahr bei River Plate hatte ich über die Agentur Go Football 200 Pesos, was ungefähr 35 Euro entsprach, bezahlt. Dazu gehörten zwar auch die Transfers, aber wir wurden dabei schon drei Stunden vor Spielbeginn am Stadion abgesetzt. Ich wollte diesmal nur exakt den Preis zahlen, der auf dem Ticket stand, und den Zeitpunkt meiner Anfahrt wollte ich auch selbst bestimmen.

Ich suchte weiter und fragte in einem Computer-Netzwerk nach, welches ich gern für Reistips nutze. Der einzige, der antwortete war Tony, ein fussballbegeisterter Engländer, der mir ganz genau beschrieb, in welchem Block vom Stadion ich sitzen und von welchem ich mich fernhalten sollte. Ich schrieb mir alles genau ab in mein Notizbüchlein. Tony gab einen ungefähren Preis für das Ticket an und schrieb mir auch, dass die Tickets nur direkt am Stadion verkauft werden. Der von mir gewünschte Stehplatz sollte laut Tony um die 50 Pesos kosten, das entsprach 9 Euro und meinen
Vorstellungen. Wieder einmal hatte ich einen Weg entdeckt, dem Touri-Nepp zu entgehen.

Ich betrachte mich auf meinen privaten Abenteuer- und Städtereisen immer als eine Reisende, nicht als Touristin. Auf englisch hört sich das besser an: „I´m a traveller, not a tourist“. Nun kannte ich die Rahmenbedingungen. Nur zu welchem Zeitpunkt ich das Ticket kaufen konnte, das
vermochte Tony mir nicht zu sagen.

Am Abend war ich auf einen Drink verabredet, und meine argentinische Freundin Maria sagte zu zwei ihrer Bekannten, die neben uns standen, hey, ihr beiden seit doch Clubmitglieder bei den Boca Juniors, wo kann man denn ein Ticket für das Spiel am Sonntag kaufen? Die kann man nicht öffentlich kaufen, antworteten beide gleichzeitig.

Das konnte ich nun gar nicht glauben. Ich rief meinen Chef an und auch er hatte einen Bekannten, der Mitglied im Club war. Tomas rief mich sofort zurück. Er hatte die gleiche Antwort erhalten. Man könne keine Tickets als Nicht-Mitglied kaufen, höchstens über den Wiederverkauf. Das war nun wirklich absurd.

Diese oft wie aus der Pistole kommenden „geht nicht“-Aussagen der Argentinier mag ich gar nicht, sie regen mich jedes Mal mehr auf. „Könnte aber gehen“ würde ich oft sagen und beginne auch manchmal eine Diskussion. Meist endet diese damit, womit sie begonnen hat: Es geht nicht.

Nun begann ich, an der Richtigkeit von Tonys Informationen zu zweifeln. Ich kannte ihn ja gar nicht. Aber er war doch so ein grosser Fussballfan, er wohnte sogar im Viertel La Boca. Ich schrieb ihn erneut an und er versicherte mir umgehend, dass er sich schon etliche Male am Stadion ohne Probleme Tickets besorgt hatte. Nur warum sollte ein Ausländer besser bescheid wissen als die Clubmitglieder? Mir schien, die Einheimischen
wussten selbst nicht richtig Bescheid. Oder gab es unter den Vereinsmitgliedern vielleicht eine geheime Absprache dahingehend, dass diese negative Antwort nach außen gegeben werden sollte? Was für ein abwegiger Gedanke, der mir da gerade in den Sinn kam.

Die Zeit drängte, es waren nur noch zwei Tage bis zum Spiel, und am Tag darauf ging mein Rückflug. Es musste also jetzt unbedingt klappen, und wenn ich dazu mit dem Kopf durch die Wand oder zu Diego Maradona persönlich gehen musste. Jetzt wollte ich direkt zum Verein fahren und an die Tür klopfen. Irgendjemand musste dort doch eine zuverlässige Auskunft geben können darüber, wie das mit den Tickets läuft.

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