London im August 2015
Was für ein Tag war das! Mir war und ist klar, dass das der beste Tag für immer in London war, dass es nie wieder so fantastisch sein wird. Weil einfach alles stimmte.
Ich kam mal wieder um 8.25 Uhr morgens aus Hamburg an (5 Uhr aufgestanden) in Heathrow. Schloss meinen Koffer ein, kaufte ein Tube Ticket. Und entdeckte bei Trip Nummer 4 eine Optimierungsmöglichkeit: die Oyster Card, die sogar noch 30 pence billiger wäre, als meine bisher immer gekaufte Day Card, aufgeladen, liesse mich sofort losfahren, ohne noch 20 Minuten in der Schlange und beim Ticketkauf zu vertrödeln. Sowas von „local“ wär ich dann, hahaha. Dass ich darauf nicht eher gekommen bin, wunderte mich. Aber für diesmal war es zu spät. Also stellte ich mich in die Schlange der Barzahler an. Die war mir zu lang, also nahm ich zähneknirschend doch die Kartenvariante (extra Kosten), und hatte eine halbe Stunde verplempert.
Zum letzten Mal, dachte ich, zuhause in Hamburg lade ich die Oyster-Card per Kreditkarte auf die richtige Summe auf, und dann kann ich nächstes Mal, im September, gleich losfahren. Denkste, geht nicht für Ausländer, nur mit UK Adresse. 7,60GBP sind noch drauf, 11,70 benötige ich. Also doch wieder anstellen, um Geld aufzuzahlen… Ich werde dann sicherheitshalber die Oyster Card mit weiteren 20GBP aufladen, für den potenziell nächsten Besuch. Und bei dem bin ich dann nicht alleine unterwegs sondern mit jemand anderem, der sich anstellen muss ;).
Genau wie für die Einwanderung. Letztes Jahr probierte ich aus, mit meinem Reisepass, den ich zwar nicht für England, wohl aber für die Schiffsreise ab England benötige, auf der rechten Seite in der Einwanderungshalle durchzugehen. Und siehe da, ich habe einen Biometrischen Pass. Wow. Und dass der mir solchen Vorteil bringt, wusste ich noch gar nicht. Der Normalbürger stellt sich in eine dieser langen sich windenden Schlangen, mit Tenserbändern geschleust, um an einem von 10 Schaltern nach einer halben Stunde durchzukommen. Der „Biometriker“ geht schnurstracks auf einen der 4 freien Schalter zu, legt seinen Pass auf, hat Probleme damit und bekommt sofort persönliche Hilfe, und wenn nicht, wird er direkt an den nebenliegenden Schalter ohne Schlange gebeten, und schwups ist man durch! Mit Glück kommt das Gepäck schnell, und schon ist man da.
Ab in die Tube und dann ging´s los. Zuhause hatte ich „Londonist“ entdeckt über den Facebook-Post einer Bekannten, und darüber eine Vielzahl an Aktivitäten entdeckt, die mich interessierten. Ich hatte mir einen vollen Tagesplan zusammengestellt. Und auch wenn ich mir zuhause IMMER zuviel vornehme und nicht einmal die Hälfte erledigt bekomme, war ich guter Dinge, alles zu schaffen.
Als Erstes tat ich das, was ich schon zweimal vorher tun wollte. Ich stieg in Hammersmith aus, weil das im Vorbeifahren schön bzw. interessant aussah. Ich wollte sehen, wie es sich dort lebt, wie es aussieht. Joa, okay, ging so. Gesehen. Strasse auf und abgelaufen, ein paar schöne Gebäude gesehen, dein „Bäkery“ Geschäft mit wirklich deutschen Brötchen, ein schönes Café, nichts Umwerfendes. Aber gesehen habe ich es nun, kurz kennengelernt.
Weiter ging es dann zum Portobello Market. Den hatte ich mir rausgesucht, weil ich 2008 auf einem super Markt war am Wochenende. Im Nachhinein muss das aber ein anderer Markt gewesen sein. Egal, es hat sich gelohnt. In der ewig langen Portobello Road waren Hunderte von Marktständen aufgebaut auf der Strasse, wohl täglich, und dann kamen ja noch die Geschäfte dazu in der Strasse auf beiden Seiten. Menschenmassen schoben sich. Denn es war Sonnabend und wundervolles Wetter, herrlich warm, knallblauer Himmel, nicht zu heiss. Ich wanderte erstmal los, freute mich an Wetter, Gebäuden, Gucken. Aber viele Stände sah ich gar nicht, weil ich mehr an den festen Geschäften interessiert war, davon ausgehend, dass die angebotene Ware mich mehr interessieren würde, mehr England wäre. Die Stände… ich merke jetzt wirklich, dass ich mir die meisten nicht gemerkt habe, den Schandudel, die vielen Stände mit Essen, Kleidung. Gemerkt habe ich mir Stände von Menschen und Dingen, die mich berührten, die mich inspirierten.
Ein asiatisches Origami-Geschäft (Laden) gefiel mir, überall klebten Schmetterlinge aus Papier, das fand ich sehr schön und nachahmenswert. Überall beäugende Verkäuferinnen im Geschäft, also nur ein schnelles Erinnerungsfoto nach dem Rausgehen, hinein knipsend.
Dann kam Charlotte, Charlotte Reed wie ich später im Internet herausfand. Sie wirkte wie ein schüchternes Mädchen und war sehr freundlich. Ich wollte sie aber gar nicht stören, weil ich ja nichts kaufen wollte. Stattdessen hätte ich aber in Ruhe davor stehen und alles lesen und lächeln können. Das hätte bestimmt auch Charlotte gefreut. Ihre Geschichte, zuhause erst gelesen, hat mich sehr bewegt und mir für kurze Zeit einen Motiviationsschub gegeben für meine Ideen und mein Leben. Charlotte war früher in einem Büro angestellt, bekam einen zuviel davon, körperlich und seelisch, und lebt nun als Künstlerin. Mit ihren schönen Gedanken hilft sie anderen Menschen.
In der Nähe fand ich einen Stand, an dem Danyelle stand, eine sehr hübsche Frau, die hübschen Schmuck, vornehmlich riesige Armreifen aus Giessharz herstellte, in den sie alles Mögliche einarbeitete. Tolle Idee, tolle Stücke! „Wenn ich nicht für Geld arbeiten müsste“ – neue Rubrik von mir, dann würde ich ihr helfen, auf einem Markt in Deutschland zu verkaufen, das interessierte sie.
Weiter ging´s, ich spazierte den Markt wirklich komplett ab. Ich fand noch einen tollen Stand, an dem winzige Schallplatten verkauft wurden, alte. So kleine Schallplatten hatte ich noch nie gesehen. Es gab professionelle Aufnahmen und solche, die als erste Sprachaufnahmen von Menschen, die damals irgendwo vorbeigingen an Aufnahmegeräten, besprochen wurden. Habe eine der professionellen alten Aufnahmen gekauft und bin gespannt, ob ich sie normal auf meinem Plattenspieler abspielen kann.
Dann sah ich noch einen tollen Stoffladen, mit alt aussehenden Garnen und Decken, wunderschöne Ware, die Hälfte davon alt (Spitze z.B.), die Hälfte neu.
Weiter gings und ich hüpfte zu guter Musik um eine Ecke, woraufhin mich zwei DJs ansprachen und mir sofort die aktuell laufende CD für 10GBP andrehten. DJ Melody, nicht zu finden im Internet.
Weiter ging es den Markt entlang. Alex Gibson spielte an einer U-Bahn Station seine wunderschöne Singer Songwriter Musik. Ein Stück daneben verkaufte der Mushroom Man tolle Pilze aus aller Welt, für mich als Tagesbesucher mit Weiterreise aber nicht zu gebrauchen.
Dann fand ich etwas, wonach ich schon lange gesucht hatte. Nicht optimal, aber doch gut, und vor allem wunderschön. Eine kleine alte Lupe, bzw. einen Stand mit ganz vielen alten Lupen, kleinen und grossen, und dem schönen Namen Not Just Silver. Die kleinen konnte man sich umhängen. So etwas schwebt mir schon lange vor, allerdings in grösser, als Lupe statt Lesebrille, für wenn ich Kontaktlinsen trage. Nun habe ich mir dieses schöne Stück von 1906 gekauft, für meine langen Abendkleider an Bord, weil ich ja an der Rezeption und auch so an Bord ständig Kleingedrucktes lesen muss. Der Verkäufer hatte die ganzen alten Hefte dabei, in denen sämtliche Silberzeichen, die winzig sind, erklärt werden. Die sind so wie Wappen, schön und mit Initialen, und lassen alle auf ein Herstellungsjahr schliessen! Ich brauchte dann noch eine Kette…
Danach machte ich mich auf zur Waterloo-Station, in Richtung meines nächsten Ziels. Dabei konnte ich dann die Strasse Lower Marsh, in der ich 2008 ein paar Wochen gearbeitet hatte (Vorbereitung EURO2008 bei der Agentur Kempster, später in Österreich), und die ich damals so süss fand. Lauter kleine Läden. Und ging in den Hardware-Laden, in dem ich schon 2008 Hilfreiches gekauft hatte. Da habe ich dann eine Stöpselkette vom Meter gekauft, für 5GPB.
Das nächste Ziel war der South Bank Food Market, auf dem Weg zur HOLY FUCK SAUCE. Von der hatte ich kurz zuvor im The Londonist gelesen und wollte sie nun unbedingt haben. Ein Original Londoner Mitbringsel auch für meine zwei Bürokollegen. Umso mehr, als es schwierig war, die Sauce nicht beim sonntäglichen Borough Market oder einem West Ham Fussballspiel zu kaufen. Und es war Samstag. Über Twitter hatte mir The Rib Man, der Produzent, Mark Geveaux, dann selbst geantwortet und mir von dem Stand dort geschrieben, der Betreiber World of ZIng hatte sich dann auch noch gemeldet. Neugierige suchte ich den Stand, er lag ganz in der Ecke, diagonal gegenüber von da, woher ich kam. Und dann wurde ich ängstlich. Gab es noch die HFS?? Schnell dazwischengefragt: JA. Grosse Freude! Die ich dann auch äusserte beim Kauf. Nicht im Foto festgehalten, der Kauf, der Stand schon. Ich wollte nicht zu euphorisch und crazy sein, also hielt ich mich zurück in meiner Riesenfreude.
Und spazierte weiter zum nächsten Punkt auf meinem Tagesplan. Dabei fand ich mich zuerst auf der anderen Seite des Southbank Centers wieder, wo unten am Fluss Menschenmassen flanierten oder in Cafe´s sassen. Und oben laute gute Musik herkam. Natürlich ging ich hoch, und sah kurz den schwarzen DJs zu, die teils auch selbst mittanzten.
Was für eine coole Stimmung, was für eine coole Stadt, was für ein cooler Tag.
Was hatte ich für ein Glück – ich war glücklich.
Drinnen im Zentrum fand ein Hip Hop Wettbewerb statt, auch nett gemacht. Ich wollte weiter.
Ging zu Fuss über die Themse, über die Brücke. Und kam an dem Hotel raus, wo ich im Mai 2012 zuerst gewohnt hatte. Sozusagen bei meinem ersten London-Besuch, der zählte, den ich sehr genoss.
Dort machte ich ein kurzes Päuschen und setzte mich auf die Oscar Wilde Statue mit einem sinnigen Spruch.
Dann bestieg ich den Bus Nummer 15, die Heritage Route, den Routemaster 15. Und bekam vorn oben einen Platz bzw. quetschte mich zu einer Familie dazu, denn ich wollte fotografieren und filmen. Das war eine nette kleine Sightseeing Tour, im Day Pass enthalten.
Am Ende der Fahrt in Blackwall musste ich ein Stück mit der Bahn zum nächsten und letzten Punkt fahren. Aber die war kaputt, also gab es einen Schienenersatzverkehr mit dem Bus. Dazu musste ich in Stratford aussteigen. Deja vú!!!! Die Station am Olympiapark, dass ich hier nochmal hinkomme. Und dann fuhr der Bus auch noch einmal quer durch! Wahnsinn, wie sich das alles verändert hatte. Und dass es alles offen war, ohne mega Sicherheitszäune. Blick aufs Olympiastadion, am Hockeystadion vorbei, dem einzigen Austragungsort, den ich je von innen gesehen hatte bzw. Event, den Hockeysieg der Deutschen Herren, toll war das!
In Hackney Wick stieg ich aus. In the middle of nowhere, so sah es aus. Leere Strassen, und so gar nicht mehr posh schön. Wie Endstation.
Ich ging einfach mal los und dann einigen Menschen hinterher, zumal ich nicht so richtig wusste, was ich suchte. Das sollte eine hippe Gegend sein für Galerien. Samstag abend, mal sehen. Und schon stand ich vor einem Fabrikhof, innen drinnen, Cafés mit Aussengastro, das erste ein Brauerei. Dann ein mobiles Fahrradreparaturmobil, praktische Idee, die bringen Leuten bei, ihre Räder selbst zu reparieren und helfen auch mit, sind zu buchen dafür. Also auch zu einem nach hause.
Und dann entfleuchte mir ein Aufschrei. Ich stand direkt vor Cheeky Tiki, der Sven´s Tiki Bar für seine Tiki Pop Ausstellung im Quai Branly Museum letztes Jahr (6-9/2014) gebaut hatte. Leider geschlossen, aber trotzdem, was für ein Zufall, wie schön J.
Der Tag hatte schon so so viele grossartige Momente gehabt! Aber immer wieder passierte noch etwas Schönes, eine Überraschung.
Ich ging um die Ecke und befand mich am Wasser, alles war voll mit Menschen, ich wurde auch angesprochen von ein paar Jungs, fühlte mich aber doch wie ein Tourist und hatte am Abend nun nicht mehr den Wunsch, mich zu integrieren, alleine Leute kennenzulernen und neue Freundschaften zu schliessen. Also zog ich weiter und schloss diesen schönen Abend und Ort in mein Herz. Hatte was von Schanze + Alsterkanal. Kaum war ich raus da, auf der Strasse, da kam jemand und schickte mich zurück, weil eine Performance stattfinden würde. Und siehe da, eine kleine Theaterperformance auf einer Schute fuhr vorbei.
Dann drehte ich mich um und blickte aufs Olympiastadion. Wahnsinn, davor nur sommerlich getrocknete Wiese mit hohem Gras. Einfach so, man konnte herangehen. Aber so weit kam ich gar nicht, und ich wollte an sich auch nur noch mal kurz einen Blick auf die Hausboote als Bars werfen, bevor ich den Tag in London beendete. Zuerst blickte ich nach rechts, da stand gigantisch gross als Graffiti „Arschbombe“ an der Wand, also auf deutsch. Dann war da noch eine Riesenflagge angemalt, eine deutsche, German Deli stand da glaube ich.
Und dann wurde ich nochmal angesprochen und spontan zu einer kleinen Geburtstagsparty von George eingeladen, der mit seinem hübschen Freund, seiner Mutter und ein paar Freunden, mit denen ich mich auch nett unterhielt, feierte. Sie waren aus der Innenstadt mit dem Kanu hergekommen, das Hausboot als Bar gehörte einem Freund. Would you like a drink? Der Tag war nicht mehr zu toppen. Nie wieder. Und von diesem letzten Moment habe ich keine Namen oder Personenfotos mitgenommen, keinen Faceobookkontakt – sondern Erinnerungen.
London, you made my day!
Fotos bald in den Alben zu sehen, ca. 5-6 nach Stadtteilen/Themen…