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Mexiko City nochmal

Der letzte Tag am Strand am 15.1. war noch von Aufregung geprägt, als eine der Girliegruppen ins Wasser ging (die Wellen waren zum ersten Mal nicht so stark wie sonst, somit auch nicht der Sog und kaum Surfer unterwegs). Alles bestens, bis sie plötzlich innerhalb von einer Minute nicht mehr vorn im Wasser planschten sondern ca 20m draussen waren und alle in Richtung Strand kraulten. Und dem Ufer rein gar nicht näher kamen.

Ganz fix schwammen die Rettungsschwimmer raus, dann auch noch einige Surfer auf Brettern zum Festhalten. Selbst die Gruppe bewegte sich nur sehr schleppend wieder gen Land, das ganze dauerte bestimmt eine halbe Stunde oder schien wenigstens wie eine Ewigkeit und einigen sass der Schreck ins Gesicht geschrieben. Ganz schön gefährlich, das Meer! Im Dezember wurden 58 Rettungseinsätze durchgeführt, viele der Geretteten waren betrunkene Italiener, die sich überschätzten.

Beim Abflug nach Mexico City am 15. abends hatte ich natürlich dann doch gar keine Lust, mich vom Meer und der Hitze dort zu trennen (ich sitze gerade in HH und gucke raus in das leichte Schneien – what a change).

Eigentlich hatte ich gedacht, dass 4 Tage Mexico City statt 4 Tage Strand kein optimaler Plan sei (es gab aber keine andere Flugmöglichkeit, und wie gesagt, die 1.400 Kurven und die 6h für 225km….). Nachträglich war es aber grossartig.

So hatte ich Gelegenheit alle Verwandten noch einmal zu sehen, die ich zum grössten Teil ja vor dieser Reise noch gar nicht kannte. Die Gastfreundschaft dort ist wirklich unglaublich und man darf gar nicht darüber nachdenken, ob einem das peinlich ist, ich kann nur hoffen, dass von all denen dort drüben jemand nach Deutschland kommt und ich mich irgendwie revanchieren kann. Alle bemühten sich um mich, inklusive der Freunde der Verwandten, das kann man sich hier gar nicht so vorstellen. Nicht ein halber Tag verging ohne Ausflug, etwas Zeigen.

Was erschwerend hinzu kam und meine Selbständigkeit enorm beeinträchtigte, war die Lebens-Gefahr dort. Alleine auf die Strasse zu gehen, egal um welche Tageszeit, U Bahnfahren, Taxifahren, Besichtigungen von Touristenattraktionen, alles war nur sehr sehr sehr eingeschränkt und nach bestimmten Vorsichtsmassnahmen möglich. Die Geschichten von Überfällen mit Waffengewalt gegen meine eigenen Verwandten und auch deren Bekannte sind so schaurig  – und so vielzählig, dass ich sie hier nicht aufschreiben kann. Es passiert nicht jedem was, aber wenn, dann ist es wirklich immer lebensbedrohlich.

Eine Nacht fuhren wir nach einem Essen noch ein bisschen durch die Stadt (abgesehn davon, dass die Stadt so gross ist, dass man Ewigkeiten im Auto verbringt, um von A nach B zu kommen), fanden uns plötzlich in einem Viertel mit spanischen Kolonialhäusern wieder, alle recht verfallen. Auf der Strasse sah es aus wie nach einem Strassenfest, alles voller Müll (Normalzustand dort). Menschenleere Strassen – zum Glück, denn wir waren in einer der gefährlichsten Gegenden der Stadt und hatten uns dort ganz fix verfahren. Das Ganze dann auch noch in einem Elchmercedes. Haben dann irgendwann zum Glück den richtigen Weg wiedergefunden – der Fahrer lebt seit 44 Jahren in dieser Stadt!

Das Ganze schränkt die Lebensqualität dort extrem ein und ist auch in den letzten paar Jahren schlimmer geworden. Nicht einmal mit seinen Hunden kann man vor die Tür gehen, nicht Radfahren (Besuche gehen eh nicht, da zu hügelig und zu grosse Distanzen, aber zum Sporten wärs mal nett), einzig sicher scheinen abgesperrte kleine Viertel, die sowie einige

Appartment-/Hausanlagen einen 24h-Wachdienst am Eingang besitzen, wo von jedem Besucher Autokennzeichen notiert und Ausweis verlangt wird. Abgesehn davon sind alle Häuser in den besseren Gegenden hinter hohen Mauern, schweren Toren und Alarmanlagen, Kameras versteckt, was natürlich niemanden davon abhält, die Besitzer nicht vor der Tür auf der Strasse zu überfallen. Überall fahren gepanzerte Autos, vorn mit Tierfänger (damit man beim provozierten Auffahrunfall nicht mit Motorschaden liegenbleibt), mit Bodyguards herum. Während ich dort war, wurde ein hoher Regierungsbeamter aus 1,5m in den Kopf geschossen, Leute entführt. Das mit dem Umbringen von Regierungsbeamten war dort noch vor gar nicht so wenigen Jahren an der Regel, da wurde niemand abgesetzt, sondern gleich ganz aus dem Weg geschafft. Heutzutage hat sich das gebessert.

Das hört sich alles so schrecklich an, wie es ist, trotzdem ist die Stadt auch schön, teils sehr grün, hat schöne Ausblicke durch all ihre Hügel. Das Wetter im Winter ist sehr extrem, nachts nahe Frost, tagsüber herrliche 25-30° (und wie gesagt: kaum Heizung). Die Landschaft um die Stadt herum ist sowieso wunderschön, hügelig, bewaldet und grün. Trotz der Gefahr für Leib und Leben ist man meist unterwegs, eben mit Sicherheitsvorkehrungen und Obacht, so haben die neuen Autos z.B. einen „Schlüssel“-Schalter neben dem Warnlichtschalter, der alle Türen schliesst. Oder bei Rumdrehn des Zündschlüssels passiert das automatisch – Klick.

Alle Leute, die ich kennengelernt habe aus meinen unterschiedlichen Verwandten-Quellen, kannten sich wenigstens flüchtig schon vorher und mehrmals traf man in der grössten Stadt der Welt jemanden zufällig auf der Strasse (ok, im nächsten Umkreis).

Weitere Reisen nach Mexiko sind auf jeden Fall geplant und jedem zu empfehlen, denn die verschiedenen Staaten bieten noch so viel landschaftlich, kulturell, handwerklich Schönes, dass man eigentlich getrost mal ein halbes Jahr durchs Land reisen könnte. Naja, ein Urlaub tut´s auch.

Nu denne, wer geht als nächstes auf Reisen und berichtet, damit man sich hier im kalten Deutschland in den Gedanken sonnen kann? Mein Kontingent ist erstmal ausgeschöpft und so pflege ich meine Bräune, hoffe und  freue ich mich auf einen frühen und langen Sommer in Deutschland!

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